Borstenbach, OT Oberbecksen, Bekweg/ Zum Grund: Verlegung des Baches
Kommune:
Stadt Bad Oeynhausen, OT Oberbecksen zwischen Bekweg und „Zum Grund“
Gewässer:
Borstenbach, Gewässerkennzahl (GWK) 45992 und Gewässerstationierung 4+600 – 4+860
Art der Maßnahme:
Verlegung des Baches weg von der Straße in die angrenzende Niederung. Im südwestlichen Planungsabschnitt musste zuvor eine schmale Sekundäraue ausgekoffert werden. Das flache Gewässerprofil weist unregelmäßige Bettbreiten und Uferneigungen auf und liegt lediglich 30 cm unter Geländeniveau. Wesentliches Ziel der wasserbaulichen Maßnahme ist die Reaktivierung eigendynamischer Prozesse im selten gewordenen Ökosystem Bachaue.
Dezember 2014 bis Juli 2015
Bild 1 (April 2015): Bei einem erhöhten Abfluss im Frühjahr wird die erst kürzlich modellierte Bachaue großräumig überflutet. Dabei kommt es zu der gewünschten Wechselwirkung zwischen Bach und Aue und den damit einhergehenden dynamischen Prozessen.
Der Borstenbach verläuft innerhalb des Naturschutzgebietes „Borstenbachtal“ auf weite Strecken unmittelbar parallel der Straße „Fuchsgrund“. In der Projektion beträgt der Abstand zwischen Böschungsoberkante Bach und Straße stellenweise lediglich wenige Dezimeter. Eine naturnahe Gewässerentwicklung bspw. mit typischer Breitenerosion wird durch ständig wiederkehrende Unterhaltungsarbeiten aus dem Straßenbau stets zunichte gemacht.
Der überwiegend gestreckte Verlauf hat inzwischen ein sehr kompaktes Gewässerprofil ausgebildet. Infolgedessen kommt es bei erhöhten Abflüssen nur noch ganz selten zu Ausuferungen in die angrenzende Niederung. Dabei bewegt sich ein sog. Hochwasserschlauch schnell talwärts und führt in besiedelten Gebieten zu großräumigen Überflutungen mit daraus resultierenden hohen volkswirtschaftlichen Schäden. Aus naturschutzfachlicher Sicht ist der Rückgang von standorttypischen Lebensgemeinschaften zu verzeichnen. Diese sind auf wiederkehrende Überflutungen angewiesen und werden verdrängt. Zu erwähnen ist noch eine Orchideenwiese im südwestlichen Bereich der Niederung.
Für die Umsetzung der Erdbaumaßnahme wurden die bei Erdbauvorhaben eher ungünstigen Wintermonate von allen Beteiligten bevorzugt. Hintergrund ist der, dass dann es zu keinen Beeinträchtigungen bei den Vogelbruten als auch den Entwicklungsstadien der Amphibien im Naturschutzgebiet kommt.Bild 2 (Dezember 2012): Blick in Fließrichtung auf das sehr kompakte Gewässerbett, das stellenweise bis zu 2,50 m tiefer als die Niederung liegt. Die Breite der Böschung beträgt in der Projektion nur wenige Dezimeter bis zur Straßendecke.
Abb. 1: Ausschnitt aus der Plangenehmigung mit nordöstlichen und südwestlichen Abschnitt
Ziel und Umsetzung der Maßnahme:
Zur Reaktivierung der Auendynamik ist beabsichtigt, den Borstenbach vom rechten Talrand nahe der Straße abzurücken und in die westliche Niederung zu verlegen. Für den oberen, südlichen Teilabschnitt auf Höhe der Orchideenwiese wurde zuvor eine schmale Sekundäraue mit einer Breite von max. 8 m (inkl. altes Bachbett) ausgekoffert. Diese endet zur Wiese hin in etwa auf Höhe vom Traufbereich der Bäume. Insofern musste die Wiese zugunsten des Baches nicht zusätzlich verkleinert werden. In diesem schmalen Entwicklungskorridor wurde der Borstenbach in einem leicht geschwungenen Verlauf hergestellt. Zum Glück stand weiter talwärts die gesamte Breite von rund 40 m in der Niederung zur Verfügung. Hier konnte ein geschwungener bis mäandrierender Naturverlauf modelliert werden. Bei der Ausformung eines möglichst natürlichen Bachbettes entstand ein flaches, unregelmäßiges Profil mit Bettbreiten von rund 1,50 m und einer durchschnittlichen Tiefe von lediglich 30 cm.
Zu Beginn der umfangreichen Erdarbeiten wurde das Baufeld ausschließlich im Bereich der geplanten Bachtrasse hergerichtet. Die nach Fertigstellung des Bachlaufes eingebrachten Baumstämme zur Strukturanreicherung stammten von zwei durchgewachsenen, ehemaligen Kopfweiden sowie mehrstämmigen, schiefen Schwarzerlen an der Teichkette. So konnte gleichzeitig der Lichteinfall für die Stillgewässer zugunsten der Amphibien erhöht werden.
Der neue Bach verläuft nun nicht wie zuvor in einem spitzen, sondern annähernd rechten Winkel im Querungsbereich der Straße. Dazu musste ähnlich wie im unteren Bachabschnitt zunächst die Klinkermauer abgebrochen werden. Im Oberwasser vom Durchlass wurde eine raue Sohlgeite angelegt, um den Gefällesprung von der neuen (Tiefe 30 cm) zur alten (Tiefe im unteren Abschnitt ca. 1,60 m) Bachsohle zu kompensieren. Inmitten der Niederung begann die Modellierung eines flachen, unregelmäßigen Gewässerprofils. Der anfallende Boden wurde zunächst zu einer Längsmiete westlich vom alten Bachverlauf aufgesetzt. Weiter südlich auf Höhe der Orchideenwiese wurde der gelöste Boden sofort per Radlader aus der Niederung abgefahren. Eine geeignete Stelle für eine Bodenmiete fand sich in einer Waldlichtung auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Hintergrund ist der, dass das wertvolle Grünland keiner zusätzlichen Bodenverdichtung ausgesetzt wurde. Zudem konnte man die anschließende Verfüllung des alten Bachbettes sehr gut von der Straße aus bewerkstelligen.
Bei der Teichkette wurden zunächst die Verwallungen bis auf Auenniveau abgetragen. Darüber hinaus erfolgte der Rückbau der zahlreichen Rohrleitungen für die Teichspeisung als auch die Verbindung zwischen den einzelnen Stillgewässern. Der kleine Wasserlauf für die Teichspeisung wurde vom linken Talrand nun zwischen die Teiche in Richtung neuem Hauptlauf geführt. Der Wasserspiegel der Teiche variiert zukünftig mit dem Grundwasserstand in der Bachaue. Im Zuge der Renaturierung wird dieser merklich angehoben. Insofern ist hier ein komplettes Austrocknen eher selten. Episodisch werden die Teiche bei größeren Hochwasserereignissen über- bzw. durchströmt. Dabei kommt es zu den erwünschten Interaktionen zwischen den verschiedenen Kleinstlebensräumen, die eine natürliche Gewässeraue auszeichnen.
Zur Erhöhung der Strukturvielfalt wurden noch zahlreiche Baumstämme in das Bachbett eingebracht. Neben dem Auskämmen von Getreibsel und Diasporen tragen sie bei Hochwasser zu einer Erhöhung der zwischenzeitlichen Wasserstände bei. Bei der einsetzenden fließenden Retention wird noch mehr Wasser in der Aue zwischengespeichert und dämpft den Hochwasserscheitel. Auch wirkt sich der hydraulische Stress wie er bei erhöhten Abflüssen vorkommt, nicht mehr so gravierend auf das Gewässerbett und die Bachorganismen aus. Die bekannten Beeinträchtigungen wie bspw. fortlaufende Tiefenerosion und die Verdriftung von Kleinstlebewesen werden auf ein natürliches Maß reduziert. Kleinräumig wurden nach Abschluss der Erdarbeiten noch zahlreiche standorttypische Bäume und Sträucher gepflanzt.Bild 3 (Dezember 2014): Hier wird die Teichverwallung abgetragen und die Wasserwechselzone vergrößert.
Bild 14 (Juli 2015): Das sehr breite und flache Bachbett hat bereits binnen weniger Monate einen Naturcharakter angenommen. Die Sohle besteht aus natürlichem Geschiebe und der Totholzanteil ist sehr hoch.